Unsere Tochter Lea


Schwangerschaft - Geburt - 12 Tage Intensivstation

Ende September 2005 haben wir festgestellt, dass ich schwanger bin und uns sehr darüber gefreut. Am Anfang ist der HcG-Wert nicht richtig gestiegen, aber ab der 8. Woche war dann alles normal...


erstes Ultraschall am 14.10.2005                                        zweites Ultraschall am 18.11.2005


drittes und letztes Ultraschall von Lea, da hat sie uns auf dem oberen Bild gewunken

 ...bis Mitte Februar. Mein Frauenarzt hatte Probleme die Oberschenkel unseres Babys richtig darzustellen, es sah wohl alles danach aus, dass die Oberschenkel kürzer sind als normal, weswegen er uns dann am Freitag den 03.03.06 eine Überweisung in das Bürgerhospital zur Pränataldiagnostik mitgegeben hat. Am Montag den 06.03.06 habe ich dann gleich morgens dort angerufen um einen Termin auszumachen und sie hatten glücklicherweise am selben Tag noch Zeit. Mein Mann und ich dachten und hofften, dass sich alles aufklärt und es einfach nur schlecht darzustellen ist. Um 10 Uhr war ich dann im Krankenhaus und um 10:30 Uhr kam ich dran. Gott sei Dank war meine Mutter mit dabei, da mein Mann leider nicht frei bekam. Der Oberarzt begann dann mit dem Ultraschall...er schaute sich alles ca. eine Stunde an, mit dem Ergebnis, dass soweit alle Maße zeitgerecht entwickelt sind...naja, bis auf den rechten Oberschenkelknochen. Es hat sich rausgestellt, dass der rechte Oberschenkel einen Knick von 80° hat und stark verkürzt ist (30mm)...

rechter Oberschenkel am 06.03. (30mm)

der Oberarzt rief dann den Chefarzt zur Hilfe, da er selber damit nichts anfangen konnte und er außerdem den linken Oberschenkelknochen nicht darstellen konnte...dieser probierte dann auch sein Glück....leider konnte er den linken Oberschenkel auch nicht darstellen, aber sie vermuten, dass dieser genauso ist wie der rechte....sowas haben die Ärzte in dem Krankenhaus zuvor noch nie gesehen....beide rieten dann zur Fruchtwasseruntersuchung um auszuschließen, dass irgendein Chromosomenschaden vorliegt, und somit "nur" ein knöchernes Problem....diese haben wir dann auch gemacht...nun hieß es zwei Wochen warten und dann erneut zur Kontrolle...das hoffen und Bangen begann.

11 Tage mussten wir auf das Ergebnis warten. Es war die Hölle. Wir malten uns das schlimmste aus, aber hofften das Beste.

Am 17.03.06 habe ich dann das Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung erfahren. Das Ergebnis war negativ, also keine Chromosomenschäden und wir wussten dann auch zu Hundertprozent, dass es ein Mädchen wird. Wir waren so erleichtert...Uns ist ein Stein, ne was sag ich, 100 Steine vom Herzen gefallen....Jetzt mussten wir nur noch hoffen, dass sich das mit den Oberschenkelknochen evtl. noch alleine reguliert oder zumindestens operabel ist...

Am 21.03.06 waren wir wieder im Krankenhaus beim Chefarzt der Pränataldiagnostik (laut meinem Frauenarzt, einer der 5 besten in Deutschland auf seinem Gebiet). Leider gab es nichts neues was die Oberschenkel betraf. Sie sahen beide immer noch aus wie ein Boomerang und sind beide stark verkürzt. Der linke hatte 33mm und der rechte 39mm (normal wären zu diesem Zeitpunkt zwischen 53mm und 56mm). Er hatte auch mit einem Professor der Humangenetik aus Mainz gesprochen. Dieser konnte leider auch nichts genaueres dazu sagen. Es hieß wohl abwarten bis zur Geburt. Außerdem stellte der Chefarzt noch fest, dass ich eine singuläre Nabelschnurarterie hatte, zusätlich bestand der Verdacht, dass die kleine nur eine Niere hat bzw. evtl. die Niere da ist, aber ins Becken gerutscht ist. Wir waren schon wieder geplättet. Nicht das das mit der Niere so schlimm ist, aber die Angst war groß, dass jetzt bei jeder neuen Untersuchung irgendetwas neues entdeckt wird.

Bis zur Geburt waren wir immer wieder zur Kontrolle bei der Pränataldiagnostik, aber leider ergab sich keine Besserung und zum Glück auch keine weiteren schlechten Neuigkeiten.

Unsere kleine Lea ist da...Sie kam am 20.05.06 um 5:22 Uhr mit 41cm und 2485g auf die Welt (knapp 3 Wochen zu früh)

Am Mittwoch den 17.05.06 um 3:15 Uhr ist meine Fruchtblase geplatzt. Ich wurde sofort wach und habe gemerkt wie es zwischen meinen Beinen läuft. Ich dachte erst, ich könne meinen Urin nicht mehr halten, doch mir wurde schnell klar, dass es Fruchtwasser war. Nachdem ich dann auf dem Weg ins Bad die halbe Wohnung besudelt habe ;-) und mich mit Binden und Handtüchern verpackt habe sind wir dann ins Krankenhaus gefahren...eigentlich dachten wir yipieh es geht bald los, aber Pustekuchen, meint ihr ich hätte Wehen bekommen? Ne natürlich nicht...Der Muttermund war nur fingerdurchlässig. Ich wurde dann ins Bett geschickt und mein Mann nach Hause. Am nächsten morgen wurde mir Blut abgenommen und dann wieder ein Ctg gemacht...das ging dann alle 2 Stunden so weiter und wir sind dann natürlich laufen geschickt worden, was aber leider irgendwie nichts gebracht hat. Die Entzündungswerte in meinem Blut waren zwar leicht erhöht, dafür machten sie aber meine Erkältung verantwortlich. Gegen mittag haben sie mir dann eine Tablette vor den Muttermund gelegt die Wehen auslösen sollte und wir sind wieder laufen gegangen. Nichts. 6 Stunden später die nächste Tablette. Wieder nichts. Abends ist mein Mann dann wieder nach Hause gefahren. Donnerstag morgen habe ich dann gleich wieder eine Tablette bekommen und mir wurde wieder Blut abgenommen. Wieder sind wir laufen gegangen. Wieder nichts. Weitere 6 Stunden und dann wieder eine Tablette. Was kam dann? Natürlich wieder laufen. Weiterhin nichts. Mein Mann wurde dann wieder nach Hause geschickt. Am Freitagmorgen um 9:30 Uhr haben sie sich dann entschieden mich an den Wehentropf zu hängen, endlich. Nach ca. einer Stunde kam mein Papa dann in den Kreissaal. Kurz darauf dann mein Mann und eine halbe Stunde bevor ich wieder vom Wehentropf kam, kam auch noch meine Mama. 2 1/2 Stunden lang hing ich am Tropf hatte auch gute Wehen, aber am Muttermund tat sich nicht wirklich irgendwas. Ich sollte dann erstmal etwas zur Stärkung essen gehen und dann sollten wir wieder 1 Stunde laufen gehen. Um 13:15 Uhr hatte ich dann die letzte Wehe und um 13:30 Uhr sollten wir wieder zurück in den Kreissaal ans Ctg. Eine Stunde lang auf dieser Liege liegen und warten. In der Zeit ist mein Papa mit meinem Mann etwas essen gegangen. Dann kam der Schichtwechsel und die nächste Hebamme hing mich wieder an den Wehentropf und gab mir dazu noch eine unterstützende Akupunktur.

Ihr wundert euch bestimmt, warum meine Eltern bei der Geburt dabei waren. Aber ich wollte sie dabei haben. Ich bin echt froh gewesen, dass mein Mann und meine Eltern da waren. Sie haben mir alle drei sehr viel Kraft gegeben. Ohne sie hätte ich das ganze bestimmt nicht geschafft.

Stunden vergingen. Der Muttermund war gerade mal bei 2cm. Die Wehen wurden und wurden immer heftiger, ich konnte sie gar nicht mehr veratmen, hatte nicht mal mehr eine Minute lang Pause zwischen den Wehen. Um ca 18:30 Uhr kam die Hebamme und sprach das Thema PDA an. Eigentlich wollte ich keine, weil ich tierische Angst davor hatte. Aber die Hebamme hat uns überzeugt, da sonst wahrscheinlich ein Kaiserschnitt fällig geworden wäre, weil die Wehen noch nicht wirklich Geburtsfördernd waren und ich schon langsam am Ende meiner Kräfte war. Dann wurde mir erst einmal Blut abgenommen um zu sehen was meine Entzündungswerte machen und ob eine PDA überhaupt möglich ist. Um ca. 20 Uhr kam dann der Narkosearzt, besprach alles mit uns und dann bekam ich die PDA und wurde wieder an den Wehentropf gehongen. Ich empfand keine Schmerzen, nur einen Druck. Kurz nachdem ich wieder an den Wehentropf kam, fingen mein Mann, meine Mama und mein Papa an Canasta zu zocken. Auf meinem Doppelbett :-) Am liebsten hätte ich mitgespielt, aber ich war total erschöpft, also hab ich nur zugeschaut und immer wieder die Augen zu gemacht. Um 0:30 Uhr haben sich meine Eltern erst einmal verabschiedet um ein bisschen Energie zu tanken. Wir sollten dann wieder anrufen, wenn es endlich weiter geht. Kaum waren die beiden weg, hat sich mein Mann zu mir ins Doppelbett gelegt und wir wollten auch ein bisschen die Augen zu machen. Aber leider konnte ich nicht schlafen, denn kurz nachdem ich die Augen schloss bekam ich im rechten Unterleib wieder Schmerzen, die Betäubung ließ nach. Ich habe dann natürlich gleich Narkosemittel nachgeschossen, was nur leider nicht half. Die Schmerzen waren aber noch relativ erträglich. Da sich bis ca. 3 Uhr mein Muttermund nur auf 3cm öffnete kam dann die Ärztin zu uns in den Kreissaal und fragte wie ich/wir denn zu einem Kaiserschnitt stehen. Ich wollte natürlich keinen. Aber wir sagten ihr, dass wir es uns überlegen. Sie ging raus und wir diskutierten. Ich bat meinen Mann meine Mama anzurufen und sie zu fragen was sie davon hält. Sie meinte dann wenn es nicht anders geht sollten wir uns dafür entscheiden. Wir sollten dann wieder anrufen. Nach langem hin und her und abwägen, was wohl besser sei entschlossen wir uns für den Kaiserschnitt und warteten nun auf die Ärztin um es ihr zu sagen. Aber auf einmal wurden die Wehen heftiger. Wieder sehr schmerzhaft, mit einem gewaltigen Druck auf den Darm. Ich dachte gleich platzt mir der Darm. Nach ca. 15 Minuten klingelte ich. Eine andere Hebamme kam. Sie untersuchte mich. Und siehe da auf einmal war mein Muttermund bei 8cm. Die Hebamme ging wieder raus um der zuständigen Hebamme und der Ärztin bescheid zu geben. Mein Mann rief dann wieder meine Eltern an, und sagte Ihnen, dass sie sich auf den Weg zurück ins Krankenhaus machen können. Es geht bald los. Da der Kopf von unserer Lea leider immer noch nicht ganz tief im Becken war, musste ich dann mit dem Druck pressen. Dann war ihr Kopf endlich da wo er hingehört und der Muttermund bei 10cm. Jetzt musste ich im Bett weiter runterrutschen und meine Beine auf so zwei Halterungen wie beim Frauenarzt hinlegen. Sie haben nun erst einmal aus Leas Kopf Blut gezapft um zu sehen, ob sie noch genug Sauerstoff bekommt und somit fit genug ist für eine normale Geburt. Der Wert war grenzwertig aber die Ärztin lies eine normale Geburt zu. Eigentlich wollte die Ärztin mir dann erst mal noch ne halbe Stunde Pause gönnen, also mir Wehenhemmer geben, aber die Hebamme meinte, wir probieren jetzt noch mal 5 Wehen lang zu pressen. Gesagt getan. Ich bin fast gestorben. Die Schmerzen wurden immer heftiger und irgendwie hat mir die Kraft zum pressen gefehlt und vor allem sind die Schmerzen in den Pausen nicht weggegangen und ich konnte mich, gegen jede Aussage der Hebamme, nicht entspannen. Ich habe den gesamten Kreissaal zusammen geschrien. Meine Mama und mein Mann, drückten mir meinen Kopf während dem pressen auf die Brust, aber das half nicht. Ich habe mein Kopf jedes mal wieder nach oben gedrückt. Mein Papa stand auch hinten dran und hat mir gut zu geredet. Nach einer halben Ewigkeit war dann endlich der Kopf der kleinen Maus zu sehen, aber er war noch nicht ganz draußen. Wir dachten eigentlich alle, es dauert mindestens noch 5 Wehen, dann kam aber wieder eine Wehe, ich presste und schwubs war sie komplett draußen...Yipieh...es war 5:22 Uhr
Leider wurde mir Lea nicht gleich auf die Brust gelegt, sondern die Kinderärztin hat sie sich gleich geschnappt...und mein Mann durfte sie leider auch nicht abnabeln. Ich bekam sie dann noch 3 Minuten auf den Arm und schon ist mein Mann mit Lea im Arm und der Ärztin runter auf die Intensivstation. Dort wurde sie dann komplett durchgecheckt.
Diagnose: Femurdysplasie beidseits bei normal ausgebildeten Unterschenkeln, d.h. stark verkürzt mit Bogen (was wir ja vorher schon wussten), Hüftfehlbildung, linke Beckenniere (vorher bestand ja der Verdacht, dass ihr eine Niere fehlt, aber sie haben sie im Becken gefunden), kleinere Fontanelle als normal, Hakenfüsse, mittlere Gaumenspalte (also nur innen), leichter Herzfehler, fehlende 12. Rippe beidseits, unterentwickeltes Kinn. Es bestand der Verdacht, dass unsere Tochter an einem Syndrom leidet, aber die Ärztin wollte mir nicht sagen um was für ein Syndrom es sich handelt. Ihre Aussage: "Wir wollen die Pferde ja noch nicht scheu machen!"

Wir waren total geschockt. Wir wussten nicht was wir denken oder fühlen sollten. Also ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber im ersten Moment, wenn man hört das eigene Kind hat irgendein Syndrom, denkt man zuerst immer an das schlimmste, mir sind tausend Dinge durch den Kopf gegangen. Ich dachte an geistige Behinderung, eingeschränkte Lebenserwartung, und ähnliches. Also an das schlimmste...Mit diesen Gedanken mussten wir bis Montag morgen leben. Wir waren beide mit der gesamten Situation überfordert.

Aber wir wussten, wir müssen stark sein. Stark für unsere Tochter.

Am Montag morgen dann, waren wir auf der Intensistation, als der diensthabende Arzt zu uns kam. Er erklärte uns erneut den Zustand von Lea. Als er dann auch etwas zu einem Sydrom sagte, fragte ich was wir denn zu erwarten haben, ich fragte ihn direkt, ob eine geistige Behinderung oder eingeschränkte Lebenserwartung zu befürchten sei. Doch er beruhigte uns. Das Syndrom sei nur ein Überbegriff, für die ganzen Symptome die Lea hat, und es wäre keine geistige Behinderung, oder eingeschränkte Lebenserwartung zu befürchten, doch auch er sagte uns nicht, welches Syndrom sie vermuten.

Lea musste leider wegen einer Trinkschwäche und einer respiratorische (bedeutet "die Respiration d.h. die Atmung betreffend" ) Anpassungsstörung auf der Intensivstation bleiben.

Am Montagabend den 22.05.06 gegen 22:00 Uhr riss die diensthabende Nachtschwester auf einmal meine Zimmertür auf...sie hatte das Telefon am Ohr und sagte gehetzt ich solle sofort runter auf die Intensivstation kommen. Mir rutschte mein Herz in die Hose, weil diese Frau einem das Gefühl vermittelte, es seit irgendetwas schlimmes passiert. Auf dem Weg zur Intensivstation gingen mir tausende Gedanken durch den Kopf...tränen stiegen mir in die Augen. Ich hatte einfach nur riesige Angst. Unten angekommen habe ich gleich geklingelt. Eine Schwester öffnete mir die Tür und lächelte. Sie sah mich und fragte was denn los sei? Ich war total aufgelöst und erzählte wie ich gerade aufgefordert wurde hier runter zu kommen. Sie beruhigte mich und sagte, dass der Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. med. habil Sader (Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie) da sei und die kleine Maus gerade untersucht. Mir sind tausende Steine vom Herzen gefallen. Am Dienstag war er erneut da und es wurde ein Abdruck ihres Gaumens gemacht. Am Mittwoch hat sie die Gaumenplatte bekommen, welche sie 4 Monate tragen musste, bis die Spalte dann operativ geschlossen wurde.

Die kleine Maus lag insgesamt 12 Tage auf der Intensivstation, aber es ging ihr relativ gut. Seitdem sie die Platte im Mund hatte trinkt sie alles selbstständig. Vorher hat sie nur maximal die Hälfte getrunken, von dem was sie trinken sollte, und der Rest wurde über eine Magensonde sondiert.

Alles in allem...die Geburt war die Hölle, aber sie dann endlich im Arm halten zu dürfen hat entschädigt.
Anfangs war alles sehr heftig und wir wurden von einem Zug überrollt. Die Diagnose hat uns echt runter gezogen. Aber es ist doch nur halbsoschlimm...eigentlich ist alles behandelbar...es wird zwar mit Sicherheit eine Tortur, aber wir sind stark, dass schaffen wir schon. Das einzige wo wir noch nicht bescheid wissen sind die Orthopädischen Dinge, aber wir sind sehr positiv eingestellt...